
Amtsgericht Neuss: Prozess wegen Rassismus-Vorwürfen
Am Dienstag (9.5.) muss sich eine Seniorin wegen Rassismus-Vorwürfen vor dem Neusser Amtsgericht verantworten.
Veröffentlicht: Dienstag, 09.05.2023 09:52
Sie soll während einer Busfahrt eine Frau mit Kopftuch beleidigt haben. Außerdem soll der Ehemann der Angeklagten laut Gericht die Frau mit Kopftuch auch mit einem Regenschirm geschlagen haben. Die Angeklagte aus Neuss war laut Gerichtsunterlagen letztes Jahr mit ihrem Mann im Bus unterwegs. Hier soll sie zu ihm - gut hörbar für alle - gesagt haben: Sind wir hier in Anatolien? Dieser verletzende Kommentar soll sich auf eine Frau mit Kopftuch, die ebenfalls im Bus saß, bezogen haben. Angeklagt war zunächst auch der Ehemann der Seniorin wegen gefährlicher Körperverletzung. Denn er soll die Frau mit Kopftuch mit einem Regenschirm auf die Schulter geschlagen und damit verletzt haben. Allerdings ist der Mann laut Amtsgericht mittlerweile verstorben.
Update vom 09.05., 14:03 Uhr
Das Neusser Amtsgericht hat heute eine Rentnerin vom Vorwurf der Beleidigung freigesprochen. Die 74-jährige hatte in einem Bus die Frage gestellt, ob man dort in Anatolien sei. In dem Bus hatten mehrere Frauen mit Kopftuch gesessen, eine von ihnen hatte Anzeige erstattet.
Anderthalb Stunden verhandelte heute Mittag das Amtsgericht über die Frage, ob es sich bei der Äußerung der Rentnerin „Sind wir hier in Anatolien?“ um eine Beleidigung gehandelt hatte oder nicht. Am Ende war es für den zuständigen Richter taktlos, aber letztlich auch eine Form der freien Meinungsäußerung. Die Rentnerin hatte sich zuvor für die Äußerung entschuldigt, ihr Anwalt sagte, die Frau habe sich angesichts der vielen Frauen mit Kopftuch offenbar unwohl gefühlt und sich deshalb zu dem Satz hinreißen lassen. Die Staatsanwaltschaft kann dagegen noch Berufung einlegen.