
Prozess um getöteten Leon: Zeugen belasten angeklagte Mutter
Am dritten Verhandlungstag (04.03.) im Prozess um den Tod des kleinen Leon aus Grevenbroich-Wevelinghoven hatten Mediziner das Wort.
Veröffentlicht: Freitag, 04.03.2022 13:00
Als Zeugen wurden am Landgericht Mönchengladbach nämlich eine Notärztin, ein Kinderarzt aus Wevelinghoven und ein Rechtsmediziner der Pathologie in Düsseldorf gehört. Das Fazit der Befragungen: In der Tatort-Wohnung war es schmutzig, Leon war im Vergleich zu anderen Kindern ungepflegt und ist letztlich vermutlich verdurstet.
„Als ich kam, waren meine Kollegen dort bereits im Einsatz“, erklärte die zuständige Notärztin gestern als Zeugin vor Gericht, „in der Wohnung war es schmutzig und schmuddelig, die Mutter des Jungen war total durch den Wind.“ Sie habe ihr erstmal ein Beruhigungsmittel gegeben. Leon war zu diesem Zeitpunkt längst tot. „Alles war voll mit Kot und Urin“, so die Notärztin, die für das Kind nichts mehr tun konnte.
Wenig Positives, aber auch nur wenige Auffälligkeiten konnte Kinderarzt Klaus P. aus Wevelinghoven über die Familie berichten. „Es sind einige Untersuchungs-Termine teilweise nicht wahrgenommen worden“, so P., „die Kinder der Familie waren im Vergleich zu anderen Kindern nicht die bestgepflegtesten.“ Leon sei aber normal entwickelt gewesen, ihm sei an dem Jungen nichts Besonderes aufgefallen. „Die Mutter tat allerdings immer so, als wüsste sie alles besser.“ Richter Helmut Hinz wollte von dem Kinderarzt wissen, wie lange Kinder in diesem Alter üblicherweise schlafen. „Bis zu 13 Stunden sind möglich, das ist individuell verschieden.“ Ob Leon danach geschrien hat und ob die Mutter das verzweifelte Schreien nicht hätte hören müssen, konnte nicht geklärt werden. Sie hatte behauptet, den Jungen im April 2019 an einem Sonntagabend hingelegt und einen Heizlüfter vor das Bett gestellt zu haben. Am Montag will sie ihn dann weder gehört noch nach ihm gesehen haben. Erst am Dienstag war sie wieder ins Kinderzimmer gegangen. Leon fand sie dabei nur noch tot vor.
Nach Angaben eines Rechtsmediziners ist der Junge offenbar verdurstet. „Er war ausgetrocknet“, erklärte der Pathologe, der inzwischen in München tätig ist und als Zeuge eine weite Anreise hatte, „die Haut, die Lippen, alles war vertrocknet.“
Die Mutter hatte ihre Untätigkeit mit allgemeiner Überforderung begründet. Sie war einige Zeit vor der Tat an Krebs erkrankt, war aber zum Zeitpunkt des Todes von Leon längst wieder gesund. Dennoch hatte sie zuletzt im Prozess behauptet, ihr sei damals alles über den Kopf gewachsen. Deshalb sei die ganze Wohnung auch vermüllt und voller Ratten gewesen. Diese hatte sie zunächst als Haustiere gehalten, bevor sie sich stark vermehrt hatte. Ihr Ehemann hatte ebenfalls in der Wohnung gelebt. Der selbstständige Computerfachmann hatte ebenso wie seine Frau in den Tagen der Tat nicht nach Leon gesehen. Die Ermittlungen gegen ihn wurden allerdings eingestellt.
Schon heute wird das Verfahren fortgesetzt. Dann will das Gericht weitere Zeugen hören. Mit dem Urteil wird Ende des Monats gerechnet.
(Autor: Marc Pesch)