Rückblick auf die Prozesse im Jahr 2020

Die Gerichte in Neuss und Umgebung hatten im Jahr 2020 trotz Corona nahezu die komplette Palette der Verbrechen zu bieten.

Der „wohl dümmste Räuber Grevenbroichs“ wurde genauso verurteilt wie ein Brandstifter, der Affenkostüm in Dormagen für Aufsehen gesorgt hatte. Wir fassen die wichtigsten Verfahren 2020 zusammen.

14. Januar 2020 – Das Landgericht Mönchengladbach schickt „Grevenbroichs dümmsten Räuber“ für fast acht Jahre in Haft. Der frühere Logistik-Unternehmer hatte gleich mehrere Frauen völlig unmaskiert auf dem Marktplatz in Wevelinghoven überfallen, sie mit einem Teppichmesser bedroht und ihnen das Auto gestohlen. Anschließend hatte er mit den EC-Karten seiner Opfer 3000 EUR abgehoben. Weil er mit den gestohlenen Autos weiter in Wevelinghoven und Umgebung unterwegs war, konnte die Polizei ihn nach kurzer Zeit stellen. Nach einer Verfolgungsjagd in „Cobra 11-Manier“ stoppten mehrere Streifenwagen den 56jährigen auf der Grabenstraße in Noithausen. Sein Motiv für die Überfälle: Er brauchte dringend Geld, um mit seiner neuen Freundin Urlaub machen zu können.

11. Februar 2020 – Nach einem ungewöhnlichen Verfahren um einen „Instagram-Influencer“ aus Grevenbroich verurteilte das Landgericht Mönchengladbach einen 25jährigen Handwerker zu einem Jahr Haft auf Bewährung und 6000 EUR Geldstrafe. Der junge Grevenbroicher hatte bei dem „Influencer“ aufgrund von windigen Finanztipps sein ganzes Erspartes angelegt und verloren. Daraufhin war er bei dem Opfer in dessen Wohnung auf der Rheydter Straße mit einer Schreckschusspistole vorstellig geworden, um sein Geld zurückzufordern. Das Gericht beließ es bei einem milden Urteil, die Staatsanwaltschaft leitete neue Ermittlungen gegen den Influencer ein. Der junge Mann, der im Internet gerne mit schicken Autos und hübschen Mädels posierte, geriet so selbst ins Fadenkreuz der Justiz.

17. März 2020 – Das Landgericht Mönchengladbach verurteilt einen syrischen Flüchtling aus Grevenbroich zu sechseinhalb Jahren Haft. Der Bewohner des Asylbewerberheims am Platz der deutschen Einheit war alkoholisiert auf einen jungen Grevenbroicher losgegangen, der mit seiner Ex-Freundin unterwegs war. Das Opfer wurde durch die Tat lebensgefährlich verletzt.

14. Mai 2020 – Ein Ehedrama in Dormagen endet mit einer langen Gefängnisstrafe: Das Landgericht Düsseldorf verurteilt einen 49jährigen Mann zu viereinhalb Jahren Gefängnis. Der Dormagener hatte in einem Mehrfamilienhaus in Hackenbroich seine von ihm getrenntlebende Frau angegriffen und mit einer Bierflasche schwer verletzt.

26. Mai 2020 – Das Amtsgericht Düsseldorf verurteilt einen Neusser Rechtsanwalt zu 4500 EUR Geldstrafe. Der Jurist war im Januar 2019 spätabends unter Zeitdruck in Düsseldorf unterwegs und hatte sich mit einem Spielzeug-Blaulicht und einer Polizeikelle freie Fahrt verschafft. Dabei war der 49jährige allerdings an seine „echten Kollegen“ geraten. Weil der Neusser die Irrfahrt als „Fehler“ einräumte und darum bat, aufgrund von Krankenbesuchen seinen Führerschein behalten zu dürfen, verhängte die Justiz eine Geldstrafe, verzichtete aber auf ein Fahrverbot.

13. August 2020 – Das Landgericht Mönchengladbach verurteilt eine 28jährige Frau aus Grevenbroich-Wevelinghoven zu siebeneinhalb Jahren Gefängnis. Die Frau hatte im April 2019 ihren kleinen Sohn Leon getötet. Laut Geständnis hatte sie den Jungen in sein Kinderbett gelegt, einen Heizlüfter vor das Bett gestellt und diesen voll aufgedreht. Anschließend hatte sie mehrere Tage das Kinderzimmer nicht mehr betreten. Der Junge war daraufhin verhungert und verdurstet. Vor Gericht erklärte die Angeklagte, sie sei aufgrund einer Krebserkrankung völlig überfordert gewesen. Die Polizei hatte von chaotischen Zuständen in der Wevelinghovener Wohnung berichtet. So hatten dort unter anderem auch 20 Ratten gehaust.

24. August 2020 – Ein Sexualstraftäter aus Neuss wird aus dem Verkehr gezogen: Das Landgericht Düsseldorf verurteilt den 52jährigen zu einem Jahr und acht Monaten Haft und weist ihn dauerhaft in eine psychiatrische Anstalt ein. Der Obdachlose hatte wiederholt an Bushaltestellen Schülerinnen nachgestellt. Weil er schon mehrfach in der Vergangenheit aufgefallen und auch verurteilt worden war, stufte ihn das Gericht als „tickende Zeitbombe“ ein.

2. September 2020 – Eine Krankenschwester aus Neuss kommt vor Gericht überraschend mit einer Bewährungsstrafe davon. Die vorbestrafte 44jährige hatte sich das Vertrauen eines dementen alten Mannes erschlichen und ihn um 130.000 EUR erleichtert. „Ich schäme mich dafür“, erklärte die Frau im Prozess vor dem Amtsgericht Düsseldorf. Das Gericht beließ es daraufhin bei einer Bewährungsstrafe. Die Pflegerin kündigte an, den Schaden wieder gutmachen zu wollen. Wenn sie monatlich wie angekündigt 100 EUR zahlt, benötigt sie dafür 80 Jahre.

17. September 2020 – „Game over“ für „Dr.Lips“ – der Schönheitschirurg mit Praxen in Neuss-Reuschenberg und Meerbusch wird vom Landgericht Mönchengladbach zu 21 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Der frühere Spezialist für Penisvergrößerungen und das Aufspritzen von Lippen hatte trotz des Entzugs seiner Approbation noch jahrelang munter weiter operiert. Im Verfahren hatte er nach einer erdrückenden Beweislast kurz vor Schluss ein Geständnis abgelegt.

22. September 2020 – Weil er einen Islamkritiker aus Neuss umbringen wollte, muss sich ein 31jähriger Tadschike vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf verantworten. Im Auftrag des „Islamischen Staats“ soll er den Anschlag geplant haben. Ein Sondereinsatzkommando der Polizei hatte in letzter Sekunde laut Anklage die Pläne vereitelt. Das Urteil soll 2021 verkündet werden.

23. September 2020 – Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf erhebt Anklage gegen die frühere Mitorganisatorin des Dormagener Weihnachtsmarktes. Der Vorwurf lautet auf „fahrlässige Tötung“. Die Frau soll es unterlassen haben, Kabel auf dem Weihnachtsmarkt verkehrssicher abzudecken. Eine Rentnerin aus Köln war daraufhin gestürzt und hatte sich tödliche Kopfverletzungen zugezogen. Der Prozess könnte im Frühjahr 2021 beginnen.

30. September 2020 – Am Landgericht Aachen müssen sich drei Niederländer wegen Autodiebstahls in über 250 Fällen verantworten. Sie sollen unter anderem in Neuss, Grevenbroich, Meerbusch und Umgebung Luxusautos gestohlen haben. Dabei sollen sich die Diebe das so genannte „Keyless-Go“-System zu Nutze gemacht haben. Mit einer Software wurden laut Anklage Funk-Daten der Schlüsselfernbedienung abgefangen. Mit den ergaunerten Daten wiederum konnten Schlüssel-Rohlinge programmiert und die Autos entwendet werden. Schaden: Über 7 Millionen EUR.

9. Oktober 2020 – Das Landgericht Düsseldorf verurteilt einen Mieter eines Mehrfamilienhauses am Neusser Rheinparkcenter zu lebenslanger Haft. Der Mann hatte laut Gericht den Hausmeister mit einem Messer attackiert und lebensgefährlich verurteilt. 49 Mal soll er wie von Sinnen auf das Opfer eingestochen haben, der Hausmeister sitzt bis heute im Rollstuhl. Der Angeklagte hatte die Tat bis zuletzt bestritten.

29. Oktober 2020 – Ein 40jähriger Neusser gesteht am Landgericht Mönchengladbach, in Rheydt seine Freundin erstochen zu haben. Die Leiche der 26jährigen hatte er im Elsbachtal in Grevenbroich verscharrt. Zwei Monate lang war er nach der Tat untergetaucht, dann hatte er sich per E-Mail der Polizei gestellt. Das Urteil gegen ihn soll im Januar verkündet werden.

6. November 2020 – Nach einem Raubüberfall mit 42 EUR Beute muss ein junger Neusser für dreieinhalb Jahre ins Gefängnis. Der dreifache Familienvater aus dem Kosovo hatte einen Neusser nachts am Kehlturm ausgeraubt. Dabei hatte er unter dem Einfluss von Kokain und Alkohol gestanden.

24. November 2020 – Das Landgericht Düsseldorf weist einen jungen Dormagener dauerhaft in eine psychiatrische Anstalt ein. Der 26jährige hatte sein Appartment im obersten Stock des Ringcenters in der Dormagener City angezündet. Aufgrund von Wahnvorstellungen hatte er dort in einem Zelt übernachtet und sich auf einer einsamen Insel gewähnt. Zuvor hatte er in einem Affenkostüm in der Fußgängerzone für Aufsehen gesorgt und die Polizei auf den Plan gerufen.

8. Dezember 2020 – Ein Sexualstraftäter aus Düsseldorf kommt vor Gericht mit einer Bewährungsstrafe davon. Der Klimatechniker hatte gestanden, getarnt als 13jährige Lisa im Internet junge Mädchen angeschrieben und um Nacktfotos gebeten zu haben. Darunter war auch ein 10 Jahre altes Kind aus Neuss.

Weitere Meldungen