Fusion als Rettung: Volksbank Düsseldorf-Neuss in Krise
Veröffentlicht: Mittwoch, 05.11.2025 16:43
Die Volksbank Düsseldorf-Neuss kämpft weiter mit einem Finanzskandal und plant eine Fusion mit Krefeld. Was bedeutet das für die Kunden und die Zukunft der Bank?

Die Volksbank Düsseldorf-Neuss steht seit einiger Zeit im Zentrum eines Finanzskandals, der die Bank in die schwerste Krise ihrer 140-jährigen Geschichte gestürzt hat. Nun soll eine Fusion mit der Volksbank Krefeld den Neustart ermöglichen. Doch was bedeutet das für die Kunden und die Zukunft der Bank? Und was sind die Hintergründe? In der NE-WS 89.4-Morningshow hat Maik Kivelip mit dem Chefreporter der Rheinischen Post, Maximilian Nowroth, gesprochen, der sich intensiv mit dem Thema beschäftigt hat.
Fusion als Befreiungsschlag?
Maik Kivelip: „Finanz-Skandal – mitten im Rhein-Kreis Neuss!“ Das ist eine Schlagzeile, mit der die Volksbank Düsseldorf/Neuss schon länger kämpft. Es geht um einhundert Millionen Euro, die weg sind. Und jetzt will die Bank mit der Volksbank Krefeld fusionieren, die deutlich besser dasteht. Kollege Maximilian Nowroth ist Chef-Reporter von der Rheinischen Post in Düsseldorf und im Thema... Maximilian, wie ist der aktuelle Stand in Sachen Fusion?
Maximilian Nowroth: Also, beide Volksbanken haben sich klar dafür ausgesprochen, zu fusionieren. Passieren wird das irgendwann nächstes Jahr im Frühjahr oder Sommer. Der aktuelle Stand ist, dass die Vertreter der Volksbank Düsseldorf-Neuss sich in der vergangenen Woche im Neusser Zeughaus zur Vertreterversammlung – also so eine Art Hauptversammlung – getroffen haben, und auch die haben gesagt: Ja, wir wollen fusionieren.
Maik Kivelip: Ok, das heißt, das steht alles noch an, aber die Grundsatzentscheidung ist getroffen. Ja, was bedeutet das denn in Zukunft für mich als Kunde? Also, hat das irgendwelche Auswirkungen für mich persönlich?
Maximilian Nowroth: Also, der Name deiner Bank wird sich ändern. Das ist jetzt erstmal so eine technische Veränderung. Ansonsten sagen die beiden Banken, dass die Idee ist, größer und gesünder zu werden. Also, aus zwei Einzelteilen mache ich eben ein gesamtes, was auch ein attraktiverer Arbeitgeber sein soll. Also, sicher, dass weiterhin gute Leute zu dieser Bank kommen und dafür sorgen, dass das Geld da auch gut verwaltet wird.
Hintergründe: Skandale und Krisen erschüttern die Volksbank Düsseldorf/Neuss
Maik Kivelip: Das klingt jetzt erstmal gut, man möchte gesünder, man möchte größer werden, aber was steckt wirklich hinter dieser Fusion? Gibt es da noch andere Gründe für?
Maximilian Nowroth: Auf jeden Fall, also für die Volksbank Düsseldorf-Neuss ist dieser Schritt zur Fusion eindeutig ein Befreiungsschlag, das sagt die Bank, das sagt der Aufsichtsrat auch selbst. Hintergrund ist ein Skandal, der jetzt schon ein, zwei Jahre zurückreicht, aber immer noch in die Gegenwart reinspielt, nämlich der berühmte 100-Millionen-Euro-Betrugsfall, in den die Volksbank Düsseldorf-Neuss verwickelt ist. Ich kann es einmal noch mal erklären für die Leute, um es in den Hinterkopf zu kriegen: Eine mutmaßliche Betrügerin aus Frankreich hat über ein Konto der Volksbank Düsseldorf-Neuss 100.000.000 € von einem Konzern in Frankreich abgezweigt und dann über Deutschland in die Türkei geschickt, und das Geld ist verschwunden. Also wurde veruntreut, gewaschen, und sie sitzt in U-Haft, und die Volksbank Düsseldorf-Neuss ist weiterhin verwickelt in diesen Skandal. Man muss sich halt neu aufstellen. Und als Folge mussten die auch sogar unter einen Rettungsschirm des Verbandes der Volks- und Raiffeisenbanken schlüpfen und haben erstmals auch einen Jahresverlust jetzt hingelegt – im Jahr 2024, alles beispiellose Themen. Und wenn man jetzt eben fusioniert, den Namen ändert und auch so einen neuen Schritt geht, kann man natürlich sagen: Wir lassen die Vergangenheit hinter uns.
Maik Kivelip: Ich weiß, dass der Volksbank das nicht gefällt, aber genau darüber, über dieses ganze Thema Finanzbetrug, gab es in den letzten Wochen immer wieder Schlagzeilen, weil der Vorstandssprecher, der quasi zurückgetreten ist, also nicht mehr aktiv arbeiten darf, aber trotzdem noch sein Gehalt weiter bekommt. Wie kann das sein? Warum macht die Volksbank das?
Maximilian Nowroth: Also, manchmal kennt man es ja auch aus dem Fußball: Wenn ein Trainer gefeuert wird, jetzt mal vereinfacht gesagt, muss das immer sehr schnell gehen, weil eben seine Leistung einfach nicht mehr passt. Trotzdem wird dann keine fristlose Kündigung ausgesprochen, sondern ein Aufhebungsvertrag unterzeichnet, und das Gehalt läuft noch weiter. Und genau das ist auch bei Rainer Melles passiert. Das ist eben der langjährige Vorstandssprecher der Volksbank Düsseldorf-Neuss gewesen. Der hat im November 2024 sein Mandat niedergelegt, wie es so schön heißt. Also, er hat reagiert auf den Druck der Finanzaufsicht infolge dieses 100-Millionen-Euro-Skandals. Und die Bank hat gesagt: „OK, wir wollen ihn möglichst schnell loswerden. Wir wissen noch nicht, wie groß der Schaden ist, den wir ihm vorwerfen, verursacht zu haben.“ Und weil wir das nicht wissen, machen wir eben keine fristlose Kündigung, sondern einen Aufhebungsvertrag. Und der sieht vor, dass das Gehalt bis heute, bis zu dem Tag, wo wir hier beide gerade sprechen, weiterhin gezahlt wird. Und wir reden von sicherlich mehr als ’ner Viertelmillion Euro im Jahr.
Maik Kivelip: Das würde viele Kunden nicht freuen, sag ich mal freundlich. Maximilian, was ist noch alles hinter den Kulissen passiert, was zu der großen Krise geführt haben könnte?
Maximilian Nowroth: Also, es gibt im Prinzip drei Themen, die diese Bank in die größte Krise ihrer 140-jährigen Geschichte gestoßen haben. Über die eine Krise haben wir schon gesprochen, diesen 100-Millionen-Euro-Betrugsfall. Dann gibt es auch das, worüber Medien als „Iran Connection“ berichten, nämlich: Es wurde bekannt im Sommer 2024 bei einer Geldwäscheprüfung durch die Finanzaufsicht BaFin, dass mehrere Kunden der Volksbank Düsseldorf-Neuss eindeutige Iran-Beziehungen haben. Das ist erstmal per se nicht illegal, aber wird halt sehr kritisch beäugt, weil Iran steht ja als Regime für Terrorismusfinanzierung, Verstoß gegen Menschenrechte, und da muss ’ne Bank sehr sicher sein, dass man sowas macht. Und da war wohl die Bank zu unvorsichtig, und da hat die BaFin weiterhin ein sehr genaues Auge drauf. Da wurden auch Mitarbeiter entlassen bei der Volksbank Düsseldorf-Neuss, und es werden vermutlich noch weitere Klagen folgen. Und das dritte Thema ist, dass die Bank, womöglich muss man sagen, zu unvorsichtig Immobilienkredite vergeben hat für Bauprojekte, die noch gar nicht gebaut sind, die erst noch auf dem Papier stehen, wo aber schon – ich glaube, es sind um die 50 Millionen Euro geflossen – die Bank gar nicht sicher sein kann, ob sie das Geld jemals wieder sieht. Und all das wirkt sich halt so negativ auf die Bilanz aus, dass eben jetzt dieser Verlust unterm Strich entstanden ist und der Verband mit 200.000.000 € ins Feuer steigen musste, um dafür zu sorgen, dass die Bank eben weiterleben kann.
Maik Kivelip: So, das sind also auch Gründe, warum die Banken jetzt fusionieren, also die Volksbank Düsseldorf-Neuss mit Krefeld. Wie schätzt du das denn ein, also vor dem Hintergrund all dem, was du uns gerade erzählt hast – gibt es überhaupt eine Zukunft, eine rosige Zukunft für die Volksbank?
Maximilian Nowroth Die Schlagzeilen werden immer noch bleiben, ist nicht schön, für die Bank als Skandalbank dargestellt zu werden von Medien wie Manager Magazin, Handelsblatt und Co., aber es gibt eben Gründe dafür, und wenn die fusionieren, wird ja der gesunde Teil der Bank bleiben, auch die meisten Mitarbeiter sind noch an Bord, also knapp 300 Leute arbeiten ja für die Volksbank Düsseldorf-Neuss, die sich wahrscheinlich auch am meisten darüber ärgern, was der Vorstand da möglicherweise alles falsch gemacht hat in den vergangenen Jahren. Und dann lass mal so ein, zwei, drei Jahre ins Land gehen, neuer Name. Ich glaube, da ja eben das Geschäftsmodell weiterhin eine große Existenzberechtigung hat – Kredite zu vergeben für kleine, mittlere Unternehmen, auch für Häuslebauer, für Sparkonten zu sorgen –, die wird es schon noch weiter geben.
Ein Fall mit bundesweiter Strahlkraft: Die Folgen des 100-Millionen-Euro-Betrugs
Maik Kivelip: Du bist ja nicht seit gestern bei der Rheinischen Post, ja, noch als Chefreporter der Rheinischen Post in Düsseldorf tätig. Wie fett ist diese Story im Gesamtkontext, wenn man sich so dieses Bankensystem bei uns in Deutschland anguckt?
Maximilian Nowroth: Die ist fett, also das erkennst du schon daran, dass es ’nen Reporter aus Frankreich gibt, der mich auch schon vor Monaten angeschrieben hat, weil er halt gesehen hat, wir von der RP berichten besonders viel über die Volksbank Düsseldorf-Neuss, der jetzt für einen großen Streamingdienst ’ne Reportage oder ’ne Doku machen wird über diesen 100-Millionen-Euro-Fall. Ich kann noch nicht sagen, welcher Streamingdienst das ist, aber es wird ’n großes Projekt, und dass die kleine Volksbank Düsseldorf-Neuss in so ’ne große Doku reinkommt, ist ja ziemlich unwahrscheinlich, aber es ist nun mal passiert, und daran sieht man auch, was dieser Skandal für Wellen gesorgt hat – hier nicht nur im Rheinland, bei uns in der Region, sondern wirklich bundes- und auch europaweit. Denn Staatsanwaltschaften, nicht nur in Deutschland, auch in Frankreich und in der Türkei, ermitteln weiterhin in diesem Fall. Es gibt immer noch keine Anklage gegen die mutmaßliche Betrügerin Ourely Barth, ihr Name, und das wird halt natürlich auch noch für viele weitere Schlagzeilen und Erkenntnisse sorgen, wenn das mal alles rauskommt.
Maik Kivelip: Das heißt, mit etwas Glück sehen wir dich demnächst auf Netflix oder Amazon Prime. Das wird dann sicherlich der nächste Streaming-Tipp hier auf NE-WS 89.4. Wir haben uns die ganze Geschichte rund um den Hundert-Millionen-Euro-Betrug angeschaut, in dem auch die Volksbank Düsseldorf/Neuss ’ne Rolle spielt und auch deswegen bald mit der in Krefeld fusioniert... danke, dass du da warst, Maximilian...