Kita-Fachkräftemangel im Rhein-Kreis Neuss deutlich spürbar

Das Kita-Personal fehlt, Betreuungszeiten werden gekürzt, teilweise kommt es zu Notbetreuungen oder Kitas müssen zeitweise schließen. Das ist auch im Rhein-Kreis Neuss ein Problem.

Kindertagesstätte
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In allen Kommunen im Rhein-Kreis Neuss ist der Kita-Fachkräftemangel deutlich spürbar. Die Situation ist und bleibt angespannt. Der Markt an Fachkräften ist leer und das ist auch ein bundesweites Problem. Laut einer Studie der Bertelsmannstiftung sollen bis nächstes Jahr in ganz Deutschland 113.700 Fachkräfte fehlen. In NRW wären das ganze 12.900 Fachkräfte.

Das sagen die Kommunen

Bei längeren Ausfallzeiten von Personal kann beschränkt mit Springerkräften kurzfristig geholfen werden. So können die Kitas weitestgehend normal weiterlaufen. In Fällen wo kein Ersatz für das fehlende Personal gefunden wird, werden die Betreuungszeiten gekürzt. Das heißt, dass Eltern ihre Kinder früher abholen müssen und selbst betreuen müssen. In Dormagen musste eine städtische Einrichtung schon einige Tage schließen weil die Aufsichtspflicht nicht gewährleistet werden konnte und in Grevenbroich hat eine katholische Kita aus dem gleichen Grund aktuell immer einen Tag in der Woche für die KInder geschlossen. Eine Aufsichtspflicht ist dann nicht mehr gewährleistet, wenn das Mindestpersonal in den Kitas unterschritten wird. Die veränderten Betreuungszeiten führen bei den Familien zu Unruhen und Belastungen. In Grevenbroich und in Dormagen gab es zum Kindergartenjahr 2023/24 auch unversorgte Kinder. In Dormagen waren es bei Bedarfsplanung ganze 116 Kinder. Im Laufe des Kita-Jahres konnten aber einige untergebracht werden.

Kommunen wollen den Erzieher-Job attraktiver gestalten

Für alle steht ganz klar im Vordergrund, dass der Erzieher-Job attraktiver werden muss. Die Stadt Dormagen bietet deshalb Ergänzungskräften die Möglichkeit, sich als Fachkraft fortzubilden und übernehmen die Kosten für die Schulung. In Planung ist auch eine Website mit allen Infos zu den Kitas und der Möglichkeit sich darüber direkt zu bewerben. Die Stadt Neuss unterstützt die Träger, um die Ausbildung aktuell zu gestalten und die Ausbildungslehrgänge optimal mit der Praxis zu vernetzen. Am BBZ Grevenbroich gibt es neben der klassischen Erzieher-Ausbildung auch schon bereits eine weitere Ausbildungsmöglichkeit, bei der direkt zu Beginn Schule und Arbeiten in einer Kita miteinander kombiniert werden. Die Auszubildenden werden so schon ab dem ersten Tag vergütet. In der klassischen Ausbildung passiert das erst im dritten Jahr. Allgemein soll auch durch mehr positive Öffentlichkeitsarbeit Fachkräfte gewonnen werden. Die Kommunen fordern außerdem, dass in NRW mehr ausländische Abschlüsse und Quereinsteiger anerkannt werden sollen. Das müsste das Land aber im Gesetz ändern. Es braucht ganz klar strukturelle Veränderungen.

Wie sieht die Lage in den Kitas im Rhein-Kreis Neuss genau aus?

Beispiel einer KiTa in Neuss:

Arabella Lorenz ist Leiterin des DRK- Familienzentrums in Neuss-Erftal. Sie sagt, dass der Fachkräftemangel in ihrer Einrichtung nicht ganz so schlimm ist. Aber auch da mussten in der letzten Zeit Gruppen zusammengelegt werden oder im schlimmsten Fall musste auch mal auf eine Notbetreuung zurückgegriffen werden. Das heißt, dass die Kinder in den Gruppen reduziert werden müssen. Wie klein die Gruppen werden kommt darauf an, wie viel Personal an diesem Tag verfügbar ist. Aus einer Gruppe mit zwanzig Kindern werden dann auch mal nur fünf bis zehn Kinder. Nicht arbeitende Eltern werden gebeten ihr Kind wieder mit nach Hause zu nehmen. Arabella Lorenz und ihr Team treffen diese Entscheidung gar nicht gerne:

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Arabella Lorenz sagt, dass die Bildungsqualität darunter leidet. Sie betont, dass sie und ihr Team nicht nur am spielen und basteln sind, sondern einem wichtigen Bildungsauftrag nachgehen. Sie bereiten die Kinder auf die Grundschule vor und versuchen die Kinder auch in der heutigen Zeit so gut wie es geht zu betreuen. Da aber oft zu wenig Personal da ist, ist beispielsweise eine sprachliche Förderung nicht mehr so gut möglich. Arabella sieht das Hauptproblem darin, dass der Job für viele junge Leute einfach unattraktiv ist. Zudem müssen mehr ausländische Bildungsabschlüsse anerkannt werden und es muss einen einfacheren Einstieg für Quereinsteiger geben.

Beispiel einer KiTa in Grevenbroich:

Auch in der katholischen St.Josef Kita in Grevenbroich fehlt das Personal. In der Woche muss daher jeweils immer eine der vier Kita-Gruppen an einem mit den Eltern festgelegten Tag Zuhause bleiben. Am Freitag dürfen alle vier Kita-Gruppen in den Kindergarten. Verwaltungsleiter André Uhr sagt, dass die Einrichtung dennoch den Bildungsauftrag erreicht. Von der Grundschule kommen laut ihm sehr gute Rückmeldungen und das trotz des Personalmangels. Worüber sich André Uhr aber Sorgen macht ist das Personal der Einrichtung:

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André Uhr sieht aber kein Problem darin, dass der Job zu unattraktiv für junge Leute ist. Er sagt, dass die praxisintegrierte Erzieher-Ausbildung, bei der Schule und Arbeit miteinander kombiniert wird und die Auszubildenden ab dem ersten Tag vergütet werden, eine klare Verbesserung ist. Früher gab es das nämlich noch nicht. Auch erzählt er, dass es genug Auszubildende geben würde, nur stehen die eben noch nicht komplett zur Verfügung um beispielsweise Kita-Gruppen zu leiten.

Beispiel aus Sicht der Eltern:

Auch hat sich ein besorgter Vater bei uns gemeldet. Alex Liefermann kommt aus Düsseldorf und hat einen vierjährigen Sohn. Die Kita seines Sohnes ist besonders stark vom Fachkräftemangel betroffen. Wegen des hohen Personalmangels muss sein Sohn immer wieder zuhause bleiben. Das sind dann auch oft mal zwei Tage in der Woche. Alex und seine Frau machen sich darüber jede Woche aufs Neue Sorgen. Weil das so oft vorkommt haben sie sich dazu entschieden, dass seine Frau jetzt weniger arbeitet, um das Kind betreuen zu können. Dadurch konnten sie ihre Lebensunterhaltskosten nicht mehr komplett decken und haben sich Schulden angehäuft, die sie jetzt allmählich wieder abbezahlen:

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Das belastet die Familie. Alex sagt, dass es jeden Tag eine neue Herausforderung ist. Man weiß nicht, ob das Kind in die Kita gehen darf oder nicht. Wichtige Termine, zu denen man nicht eben die Kinder mitnehmen kann, müssen dann auch mal verschoben werden. Oft bringt das die ganze Tagesstruktur durcheinander. Alex wünscht sich, dass die Belastung für die Erzieher weniger wird, dass Eltern wieder sorgenfrei arbeiten gehen können und das jedes Kind in Zukunft einen gut betreuten Kitaplatz bekommt.

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